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Vom Aufgebot zurückgetreten

Ein Zufallsfund, noch dazu ein kurioser, sollte mir bei meiner privaten Familienforschung mal wieder helfen. So einen Fall hatte ich in meinem „Forscherleben“ auch noch nicht. Daher möchte ich über diesen berichten…

Ich war auf der Suche nach den Eltern meines 3xUrgroßvaters Johann Friedrich Wilhelm MEYER (*17.10.1849 Anklam, †03.04.1935 Anklam).

Aus dem Taufeintrag des Johann Friedrich Wilhelm MEYER gingen die Namen der gesuchten Eltern hervor.

  • Christian MEYER und Friederike Wilhelmine GRIMM

Durch die Suche in den Kirchenbüchern der St. Marien Kirche in Anklam in den Jahren 1846-1862, konnten noch 4 Geschwister ermittelt werden:

  • Carl Friedrich Wilhelm MEYER *19.10.1851
  • Wilhelm Martin Friedrich MEYER *18.06.1854
  • Auguste Friederike Wilhelmine MEYER *07.04.1857
  • Wilhelm Herrmann Franz MEYER *23.05.1859, †13.02.1862

Leider fand sich kein Trau- oder Proklamationseintrag des gesuchten Paares in den Büchern von St. Marien und St. Nicolai aus dem die Geburtsorte und das Alter ermittelt werden kann.

Kurze Zeit nach Geburt des fünften Kindes, am 06.09.1859 stirbt der Vater bereits im Alter von 39 Jahren. Lt. Angabe im Kirchenbuch der St. Marien Kirche verunglückte er und hinterlässt 4 minderjährige Kinder und seine Frau.

Sterbeeintrag Christian Meyer

Sterbeeintrag Christian Meyer 1859 – St. Marien Anklam

Außer dem Alter finden sich keine weiteren Hinweise.

Bei der weiteren Suche in den Kirchenbüchern von Anklam, eigentlich um den eventuell vorhandenen Sterbeeintrag der Friederike GRIMM zu finden, fällt mir ein Proklamtionseintrag in den Kirchenbüchern der St. Nicolaikirche im Jahr 1867 auf. Warum ich in diesem Bereich des Buches suchte, weiß ich auch nicht mehr. Es brachte aber einen entscheidenden Hinweis.

Proklamtionseintrag Friederike Grimm 1867 – St. Nikolai Anklam

Acht Jahre nach dem Tod des Ehemanns, wird das Aufgebot der verwitweten Friederike MEYER geborene GRIMM mit einem Herrn POHLMANN angezeigt. Alle Angaben passen auf die gesuchte Person!. Und in diesem Eintrag finden sich die genauen Angaben zu Alter, Geburtstag und -ort der Friederike GRIMM. Sie wurde also im Februar 1821 in Louisenhof geboren und ist die Tochter des Arbeiters Friedrich GRIMM zu Louisenhof.

Kurios an diesem Eintrag ist, dass das Paar:

„Nach einmaligem Aufgebote von der beabsichtigten ehel. Verbindung zurückgetreten“

ist. Dies habe ich so noch in keinem Kirchenbuch gelesen. Was mögen wohl die Gründe dafür gewesen sein?

Durch eine Prüfung des Kirchenbuches Altwigshagen konnte diese Spur dann auch noch bestätigt werden. Friederike Wilhelmine GRIMM wird am 21.02.1821 geboren und am 10.03.1823 in der Kirche zu Altwigshagen getauft. Die Eltern sind Jochen Friedrich GRIMM und Anna Catherina Dorothea VÖLKER.

Kurze Zeit später erhalte ich zu dieser Familie auch noch umfangreiche Vorfahrenlinien der Familie GRIMM-VÖLKER aus Louisenhof von einem Forscherkollegen, sodass diese Linie um weitere 4-5 Generationen ergänzt werden konnte.

Ein Traueintrag des Paares MEYER-GRIMM konnte bisher noch nicht gefunden werden. Auch im Kirchenbuch von Altwigshagen ist eine Trauung nicht verzeichnet. Aber vielleicht findet sich zu einem späteren Zeitpunkt nochmal ein Hinweis…?

Nachnamen in Kirchenbüchern – Glawe, Gläve, Glöbe, oder?

Jeder Forscher kennt es. Wechselnde Schreibweisen des Familiennamens in den Einträgen von Kirchenbüchern (Standesamtsregister sind hier nicht ausgeschlossen). Es kommt häufig vor, dass der Familienname ein und derselben Person in unterschiedlichen Weisen geschrieben wird. Die Pfarrer schrieben in der Regel nach Gehör und Dialekt und vielleicht kam auch noch ein schlechtes Erinnerungsvermögen hinzu. Insbesondere bei Wechsel des Pfarrers in der Kirchengemeinde oder bei Umzug der Vorfahren in ein anderes Kirchspiel, entstanden so die unterschiedlichsten Schreibweisen. Da die einfache Bevölkerung meistens nicht des Lesens und des Schreibens mächtig war, konnte es von den Anwesenden nicht korrigiert werden. Wer dachte auch schon an uns Ahnenforscher.

Ein besonderes Beispiel habe auch ich bei meinen Forschungen kennenlernen „dürfen“.

Mein Altgroßvater (Kekule-Nummer 52) Johann Carl Friedrich WEGNER wurde am 10.03.1832 in Anklam geboren und am 25.03.1832 in der St. Nicolaikirche getauft.

Taufeintrag Johann Carl Friedrich Wegner 1832 – St. Nicolai Anklam

Lt. diesem Taufeintrag war der Name der Mutter „Maria Friedr. GLÄVE“. Da sich ein möglicher Trau- oder Proklamationseintrag der Eltern in den Kirchenbüchern der St. Nicolai und St. Marienkirche nicht finden ließ, ermittelte ich für die weitere Recherche alle Kinder des Paares in den online einsehbaren Kirchenbüchern. Die Bücher finden sich übrigens unter nachfolgenden Links:

In diesen Kirchenbüchern, und aus den Büchern vor 1829, konnten insgesamt 8 Kinder gefunden werden. Hierbei kam die häufige Änderung des Familiennamens zum Vorschein. Ich habe den Nachnamen der Mutter, der in den Taufeinträgen angegeben, wurde hinter die jeweiligen Kinder geschrieben:

  1. Johann Christian WEGNER *22.09.1824 (später aus KB ermittelt)
  2. Friederica Maria Johanna WEGNER *04.01.1828 (später aus KB ermittelt)
  3. Carl Friedrich WEGNER *10.03.1832 – Name der Mutter: GLÄVE
  4. Dorothea Maria Carolina WEGNER *15.08.1834 – Name der Mutter: GLÄWE
  5. Wilhelm Jacob Christian WEGNER *06.12.1835 – Name der Mutter: GLOEBE
  6. Sophia Dorothea WEGNER *07.11.1838 – Name der Mutter: GLOEDE
  7. Carl Heinrich WEGNER *28.07.1841- Name der Mutter: GLOEDE
  8. Carl Friedrich WEGNER *27.07.1843 – Name der Mutter: GLÖDE

Taufeintrag Dorothea Maria Carolina Wegner 1834 – St. Nicolai Anklam

Taufeintrag Wilhelm Jacob Christian Wegner 1835 – St. Nicolai Anklam

Taufeintrag Sophia Dorothea Wegner 1838 – St. Nicolai Anklam

Taufeintrag Karl Heinrich Wegner 1841 – St. Nicolai Anklam

Taufeintrag Carl Friedrich Wegner 1843 – St. Nicolai Anklam

Weiterhin ist im Proklamationseintrag von 1823, aus dem Kirchenbuch St. Marien, die Braut mit dem Familiennamen GLOEBE verzeichnet.

Proklamation Wegner – Gloebe 1823 – St. Marien Anklam

Und der Traueintrag im Kirchenbuch Ranzin sagt dann wieder GLÄVE.

Traueintrag Wegner – Gloebe 1823 – Ranzin

Und zwischendurch ist der Vater im Sterbeeintrag vom 29.11.1821 unter dem Namen Johann Christoph GLÄWE († in Möckow) verzeichnet.

Sterbeeintrag Johann Gläwe 1821 – Zarnekow

Zusammenfassung

Und so sieht es dann in der zeitlichen Übersicht aus. Fünf verschiedene Schreibweisen des Nachnamens konnte ich finden. Obwohl die Taufen der Kinder in ein und derselben Kirchengemeinde durchgeführt worden. Führt man sich mal den Pommerschen Dialekt vor Augen, wird dies dann nachvollziehbar.

  • 1821 – GLÄWE
  • 1823 – GLOEBE bei Proklamation
  • 1823 – GLÄVE bei Trauung
  • 1832 – GLÄVE
  • 1834 – GLÄWE
  • 1835 – GLOEBE
  • 1838 – GLOEDE
  • 1841 – GLOEDE
  • 1843 – GLÖDE

Mit welchem Familiennamen Maria Friederike Christiana geboren worden ist, kann ich im Moment  nicht sagen, da die Taufe noch nicht eindeutig identifiziert werden konnte. Die Prüfung der gesammelten Daten dauert an.

Fazit

Wie nun damit umgehen? Normalerweise führe ich den Familiennamen aus dem Taufeintrag in meinen Unterlagen und vermerke die anderen als „Alternative Namen“ (ich nutze die Software GRAMPS). Aber das muss jeder Forscher für sich alleine festlegen. Beachtet werden muss dies natürlich bei der weiteren Recherche. Probleme kann dies bei der Indizierung von familiengeschichtlichen Quellen machen. Der Ersteller von verschiedenen Online Familienbüchern im Raum Vorpommern, Christian Boose, empfiehlt daher in seinem Artikel „Online-Ortsfamilienbücher“ im „Sedina-Archiv 3-2011“:

„[…] Puristen unter den Kirchenbuchverkartern nehmen alle Kirchenbucheinträge wörtlich auf, d.h. mit allen Fehlern und Abweichungen. Wenn Ihr Programm die Möglichkeit bietet, dann entscheiden Sie sich für einen sogenannten Leitnamen, dem Sie alle weiteren Schreibweisen als Aliasnamen hinzufügen. Das hat den großen Vorteil, dass Sie in Ihrer Datenbank eine Person mit diversen abweichenden Schreibweisen leichter finden und zuordnen können, am Anfang Ihrer Tätigkeit sicher kein Problem, bei Datenbanken ab 10000 Personen aber reiner Selbstzweck. Im Ortsfamilienbuch werden alle Namensformen dadurch sichtbar gemacht. […]“

Warum sollte man sich in seinen Unterlagen dann auf einen Familiennamen festlegen? Den gab es bei unseren Vorfahren nämlich auch nicht…