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Das Rätsel Piotrowski… Nr. 4

Fortsetzung des Beitrages: Das Rätsel Piotrowski… Nr. 3

Es gibt Neuigkeiten! Und zwar sehr erfreuliche…

Entgegen den Aussagen aus dem Jahr 2000, existieren die Amtsgerichtsakten aus dem Jahr 1948 doch noch! Vor einiger Zeit fragte ich per Email im Stadtarchiv und Landesarchiv in Greifswald nach den Akten und der bekannten Aktennummer. Und nur kurze Zeit später bekam ich eine positive Rückmeldung aus dem Landesarchiv in Greifswald. Lt. Aussage des Mitarbeiters sind diese auch erst seit kurzer Zeit erschlossen. Wir haben unsere Anfrage wohl genau zum richtigen Zeitpunkt gestellt. Einen großen Dank möchte ich noch an die sehr hilfsbereiten und kompetente n Mitarbeiter des Landesarchiv in Greifswald richten.

Wir konnten die beiden vorhandenen Akten dann im Landesarchiv einsehen und die wichtigsten Sachen konnten kopiert werden. Viele Interessante Neuigkeiten konnten herausgefiltert werden, wobei ich in diesem Beitrag auf den Prozess der Namensänderung eingehen will.

Die Namensänderung

Merkwürdig war, dass lt. den Randvermerken auf den Standesamtsregistern, die Genehmigung zur Namensänderung im Mai 1910 vom Regierungspräsidenten in Marienwerder ausgestellt worden ist, Johann Wilhelm PIOTROWSKI im September desselben Jahres auf Rügen geboren ist und ein Amtsgericht 38 Jahre später eine Namensänderung anordnet.

Dies konnte anhand der Akten nun eindeutig geklärt werden.

Nachfolgend ist die Abschrift der Genehmigung der Namensänderung vom Reichsregierungspräsidenten aufgeführt:

Abschrift Namensänderung

Die Genehmigung umfasst somit die Eltern Ludwig PIOTROWSKI und Luise Bertha geborene JUNG und 3 Geschwister des Johann PIOTROWSKI. Der am 18.09.1910 geborene Johann PIOTROWSKI, hätte demnach schon den Familiennamen PETERS tragen dürfen, da zum Zeitpunkt seiner Geburt, die Nachnamen der Eltern bereits geändert worden sind. Er ist aber noch mit dem alten Familiennamen im Standesamt verzeichnet worden, da

“ […] aus irgendwelchen Gründen die zuständigen Standesämter von dieser Namensänderung nicht unterrichtet worden […]“

Zitat aus Amtsgerichtsakten 1948

sind.

Im weiteren Verlauf wird es noch klarer:

“ […] Der Grund der späten Ausführung der Verfügung des Herrn Regierungs-Präsidenten in Marienwerder ist der Umstand, daß der mit der Genehmigung zur Namensänderung Bedachte, der Arbeiter Ludwig Piotrowski, die ihm zugegangene Genehmigung jahrelang aufbewahrte, ohne es zu veranlassen, daß nun auch die abänderungsbedürftigen Personenstandsurkunden Berichtigung erfuhren, da auch behördlich (Regierung in Marienwerder) diesbezüglich nichts veranlasst zu sein scheint[…]“

Zitat aus Amtsgerichtsakten 1948

Der 1909 geborene Max PIOTROWSKI ist in der Genehmigung von 1910 nicht aufgeführt, da zum Zeitpunkt der Geburt der Antrag auf Namensänderung beim Regierungspräsidenten Marienwerder noch lief. Die Familie ergänzte den laufenden Antrag jedoch nicht um den neugeborenen Sohn, sodass dieser von der Namensänderung ausgeschlossen war. Dies hob das Amtsgericht dann auch noch hervor, verweigerte aber die Führung des Familiennamen PETERS nicht.

Die Akten enthalten Angaben zur gesamten Familie PIOTROWSKI und deren Nachkommen. Auch die Geschwister des Johonn PIOTROWSKI strebten dann in den 40er Jahren eine behördliche Klärung des Sachverhaltes an. Dieses Verfahren beim Amtsgericht zog sich dann über mehrere Jahre bis 1948 hin, auch weil wichtige Unterlagen zwischenzeitlich nicht auffindbar waren.

Somit ist der Prozess der Namensänderung nun nachvollzogen. Zu den Gründen der Namensänderung, liegen in den Akten leider keine Hinweise vor. Nur eine Abschrift des Beschlusses des Regierungspräsidenten Marienwerder und die damalige Aktennummer ist verzeichnet.

Ob in den polnischen Archiven noch Akten verfügbar sind, ist zurzeit unbekannt. Eine Recherche dazu wird aber noch unternommen.

Was jedoch klar aus den Akten hervorgeht, ist der Weg der Übersiedlung von Kongresspolen Richtung Rügen, den ich in einem Folgebeitrag näher erläutern werde.

Weiter im nächsten Beitrag: Das Rätsel Piotrowski… Nr. 5

Nachnamen in Kirchenbüchern – Glawe, Gläve, Glöbe, oder?

Jeder Forscher kennt es. Wechselnde Schreibweisen des Familiennamens in den Einträgen von Kirchenbüchern (Standesamtsregister sind hier nicht ausgeschlossen). Es kommt häufig vor, dass der Familienname ein und derselben Person in unterschiedlichen Weisen geschrieben wird. Die Pfarrer schrieben in der Regel nach Gehör und Dialekt und vielleicht kam auch noch ein schlechtes Erinnerungsvermögen hinzu. Insbesondere bei Wechsel des Pfarrers in der Kirchengemeinde oder bei Umzug der Vorfahren in ein anderes Kirchspiel, entstanden so die unterschiedlichsten Schreibweisen. Da die einfache Bevölkerung meistens nicht des Lesens und des Schreibens mächtig war, konnte es von den Anwesenden nicht korrigiert werden. Wer dachte auch schon an uns Ahnenforscher.

Ein besonderes Beispiel habe auch ich bei meinen Forschungen kennenlernen „dürfen“.

Mein Altgroßvater (Kekule-Nummer 52) Johann Carl Friedrich WEGNER wurde am 10.03.1832 in Anklam geboren und am 25.03.1832 in der St. Nicolaikirche getauft.

Taufeintrag Johann Carl Friedrich Wegner 1832 – St. Nicolai Anklam

Lt. diesem Taufeintrag war der Name der Mutter „Maria Friedr. GLÄVE“. Da sich ein möglicher Trau- oder Proklamationseintrag der Eltern in den Kirchenbüchern der St. Nicolai und St. Marienkirche nicht finden ließ, ermittelte ich für die weitere Recherche alle Kinder des Paares in den online einsehbaren Kirchenbüchern. Die Bücher finden sich übrigens unter nachfolgenden Links:

In diesen Kirchenbüchern, und aus den Büchern vor 1829, konnten insgesamt 8 Kinder gefunden werden. Hierbei kam die häufige Änderung des Familiennamens zum Vorschein. Ich habe den Nachnamen der Mutter, der in den Taufeinträgen angegeben, wurde hinter die jeweiligen Kinder geschrieben:

  1. Johann Christian WEGNER *22.09.1824 (später aus KB ermittelt)
  2. Friederica Maria Johanna WEGNER *04.01.1828 (später aus KB ermittelt)
  3. Carl Friedrich WEGNER *10.03.1832 – Name der Mutter: GLÄVE
  4. Dorothea Maria Carolina WEGNER *15.08.1834 – Name der Mutter: GLÄWE
  5. Wilhelm Jacob Christian WEGNER *06.12.1835 – Name der Mutter: GLOEBE
  6. Sophia Dorothea WEGNER *07.11.1838 – Name der Mutter: GLOEDE
  7. Carl Heinrich WEGNER *28.07.1841- Name der Mutter: GLOEDE
  8. Carl Friedrich WEGNER *27.07.1843 – Name der Mutter: GLÖDE

Taufeintrag Dorothea Maria Carolina Wegner 1834 – St. Nicolai Anklam

Taufeintrag Wilhelm Jacob Christian Wegner 1835 – St. Nicolai Anklam

Taufeintrag Sophia Dorothea Wegner 1838 – St. Nicolai Anklam

Taufeintrag Karl Heinrich Wegner 1841 – St. Nicolai Anklam

Taufeintrag Carl Friedrich Wegner 1843 – St. Nicolai Anklam

Weiterhin ist im Proklamationseintrag von 1823, aus dem Kirchenbuch St. Marien, die Braut mit dem Familiennamen GLOEBE verzeichnet.

Proklamation Wegner – Gloebe 1823 – St. Marien Anklam

Und der Traueintrag im Kirchenbuch Ranzin sagt dann wieder GLÄVE.

Traueintrag Wegner – Gloebe 1823 – Ranzin

Und zwischendurch ist der Vater im Sterbeeintrag vom 29.11.1821 unter dem Namen Johann Christoph GLÄWE († in Möckow) verzeichnet.

Sterbeeintrag Johann Gläwe 1821 – Zarnekow

Zusammenfassung

Und so sieht es dann in der zeitlichen Übersicht aus. Fünf verschiedene Schreibweisen des Nachnamens konnte ich finden. Obwohl die Taufen der Kinder in ein und derselben Kirchengemeinde durchgeführt worden. Führt man sich mal den Pommerschen Dialekt vor Augen, wird dies dann nachvollziehbar.

  • 1821 – GLÄWE
  • 1823 – GLOEBE bei Proklamation
  • 1823 – GLÄVE bei Trauung
  • 1832 – GLÄVE
  • 1834 – GLÄWE
  • 1835 – GLOEBE
  • 1838 – GLOEDE
  • 1841 – GLOEDE
  • 1843 – GLÖDE

Mit welchem Familiennamen Maria Friederike Christiana geboren worden ist, kann ich im Moment  nicht sagen, da die Taufe noch nicht eindeutig identifiziert werden konnte. Die Prüfung der gesammelten Daten dauert an.

Fazit

Wie nun damit umgehen? Normalerweise führe ich den Familiennamen aus dem Taufeintrag in meinen Unterlagen und vermerke die anderen als „Alternative Namen“ (ich nutze die Software GRAMPS). Aber das muss jeder Forscher für sich alleine festlegen. Beachtet werden muss dies natürlich bei der weiteren Recherche. Probleme kann dies bei der Indizierung von familiengeschichtlichen Quellen machen. Der Ersteller von verschiedenen Online Familienbüchern im Raum Vorpommern, Christian Boose, empfiehlt daher in seinem Artikel „Online-Ortsfamilienbücher“ im „Sedina-Archiv 3-2011“:

„[…] Puristen unter den Kirchenbuchverkartern nehmen alle Kirchenbucheinträge wörtlich auf, d.h. mit allen Fehlern und Abweichungen. Wenn Ihr Programm die Möglichkeit bietet, dann entscheiden Sie sich für einen sogenannten Leitnamen, dem Sie alle weiteren Schreibweisen als Aliasnamen hinzufügen. Das hat den großen Vorteil, dass Sie in Ihrer Datenbank eine Person mit diversen abweichenden Schreibweisen leichter finden und zuordnen können, am Anfang Ihrer Tätigkeit sicher kein Problem, bei Datenbanken ab 10000 Personen aber reiner Selbstzweck. Im Ortsfamilienbuch werden alle Namensformen dadurch sichtbar gemacht. […]“

Warum sollte man sich in seinen Unterlagen dann auf einen Familiennamen festlegen? Den gab es bei unseren Vorfahren nämlich auch nicht…